Letzten Freitag feierte Yasmina Rezas Tragikomödie Kunst in der Produktion des Theaters aus dem KulturKammerGut, inszeniert von Markus Nondorf, in der Fürther Kofferfabrik seine kleine, aber feine Premiere. Rezas lebensweises und wortgewandtes Stück über die Halbwertszeit von Freundschaften gilt als die Komödie der 1990er.
Im Drama hat sich Serge ein monochromes Bild gekauft, ein weißes Ölgemälde mit weißen Streifen. Sein Freund Marc findet das teure Bild einfach Scheiße. Ein erbitterter Kampf entbrennt, den auch der gemeinsame Freund und Wendehals Yvan nicht schlichten kann. Zwischen den drei Männern tun sich tiefe Gräben auf und ihre langjährige, enge Beziehung steht plötzlich zur Disposition. Das Bild wird zum Anlass und Symbol der Austragung von schon lange implizit schwelenden Konflikten. Es handelt sich dabei, ähnlich wie beim Gott des Gemetzels, um ein typisches Stück von Reza – eine intelligente Farce, in der scheinbar zivilisierte Akademiker anhand kleiner Meinungsverschiedenheiten nach und nach ihre dunklen Seiten und Kämpfe zutage fördern.
Verfremdeter Kampf um Lebenswelten
Nondorf hat auf einer kleinen Bühne mit sehr reduzierten Mitteln eine Kunst-Form geschaffen, das sich durchaus sehen lassen kann: Die minimalistische Bühne bestand nur aus einer zu einem Tisch verfremdeten Bühnenplatte und dem weißen Kunstwerk. So lässt die kahle Bühne wohl bewusst genauso viel offen, wie auch das Bild. Ebenso hat er weitere klassische, obgleich simple Verfremdungseffekte eingebaut, die den Zuschauer darauf hinweisen, dass das Bild nur den Anlass der Streitereien darstellt, dass die Basen des Konflikts aber die reziproke Missbilligung des Geschmacks, Humors und Lebensstils des Anderen sowie die eigene Arroganz der wohlhabenden Bildungsbürger sind. Beispielsweise wird das Publikum häufig in die Szenen unterbrechenden Monologen über die Ansichten sowie Eigenschaften der Protagonisten informiert. Schnell wird klar, dass es sich um einen Kampf von Lebenswelten und Anerkennung handelt, den die drei zu lösen suchen, ob mit Zynismus, Heuchelei, Selbstgefälligkeit, Pseudointellektualismus, diversen verbalen und physischen Attacken, Jammern, Heulen oder einer vermeintlich toleranten Positionslosigkeit.
Die Darsteller, Nondorf als Serge, Karsten Kunde und Frank Strobelt als Marc und Yvan, spielten die kurze Komödie sehr überzeugend. Besonders positiv fiel dem Publikum jedoch die Rolle des Yvan auf: Dieser zeichnete sich aus, durch flotte, humoristische Monologe – die wiederum Dialoge zwischen ihm und seiner Verlobten oder seiner Mutter wiedergaben und seine Unterjochung durch die beiden demonstrierten – und einer lächerlich-weinerlichen Art.
Das Lachen sollte im Halse stecken bleiben
Leider trat aber ein für Rezas Werke typisches Phänomen auf: Durch die starke Lächerlichkeit des Dargestellten und der Eskalation anhand von Banalitäten und dem Exitus des Bildungsbürgertums, samt seiner sogenannten Zivilisation, hat das Publikum die Stellen, an denen einem eigentlich das Lachen im Halse stecken bleibt, leider oft als rein komisch und humoristisch aufgenommen.
Alles in allem handelt es sich um eine gelungene, kleine und minimalistische Inszenierung von Rezas Kunst, die durchaus weiterzuempfehlen ist.
Weitere Aufführungen sind am 25.11.2013, 01.12.2013 und 10.12.2013, jeweils um 20 Uhr in der Kofferfabrik, Lange Straße 81, 90762 Fürth. Weitere Informationen zu Spielzeiten und Tickets unter: http://kofferfabrik.cc/theater/theater.html.
Philip J. Dingeldey