Ästhetiken der Melancholie

Gefühlvolle, metaphorische und melancholische Momentaufnahmen des Lebens, schildert der 1961 geborene Nürnberger Dichter Uwe Wartha in seinem neuen Lyrikband Die Zeit fällt durch den Sand.

In sechs Kapitel unterteilt, skizzieren die Gedichte verschiedenste und persönlichste Themen des Menschseins, ob es sich dabei um Sozialkritik (oft gepaart mit Impressionen aus dem Kalten Krieg), Ästhetik, Reisen, Kindheit oder das schon im Titel anklingende Vanitas-Motiv, verbunden mit dem Mysterium der Zeit, handelt. Dies äußert sich etwa bei einem der stärksten und gleichzeitig kürzesten Gedichte des Bändchens, nämlich Mitten in Montana, in dem es heißt: Was man doch alles/ Wissen möchte/ Über die Zeit./ Geschrotet zu Staub/ Gefallen durch Sand/ Erstarrt zu Eis./ Mitten in Montana. Ein weiteres großes Thema ist die Liebe, gemalt in den verschiedensten Facetten: Farbig, intensiv und emotional, ohne jede poetische Distanz, von ganz nah und oft auch mit autobiographischen Kontext, häufig abgerundet mit einem sehr melancholisch und nachdenklich machenden Schluss.

Cover des Buches "Die Zeit fällt durch den Sand" von Uwe Wartha

Cover des Buches „Die Zeit fällt durch den Sand“ von Uwe Wartha

Melancholisch-romantische Liebeslyrik

Die Titel der insgesamt sechzig Gedichte klingen zuweilen recht düster und simpel, wie etwa Dunkles Zimmer, Namenlos, Zyklon und Abgesang der Jugend, die beinhaltete Lyrik ist jedoch selbst in dunklen Szenen nicht depressiv oder resignierend, sondern bedacht, romantisch und teils auch schlicht traurig. Der inhaltlich breite Fundus des Buches wird häufig durch die sprachlich-stilistischen Mittel forciert. Mit zahlreichen Allegorien, Metaphern und literarischen Anspielungen gespickt, oszilliert der Großteil der Gedichte irgendwo zwischen Surrealismus, Impressionismus und Expressionismus, aber ohne sich eindeutig klassifizieren zu lassen. Hin und wieder differiert leider die Qualität der Texte stark und wird etwa durch allzu brave, selten auch erzwungen wirkende, unnötige Reime gemindert.

Besonders erwähnenswert und couragiert finde ich aber die homosexuellen, an Thomas Mann erinnernden Sequenzen des Buches, wo – bar jeder Stereotypisierung – offen, unschnulzig und normal über schwule Liebe gedichtet wird, einfach nur als das liebevolle, manchmal auch unerfüllte Begehren zweier Menschen.

Alles in allem weisen Warthas Gedichte, diese Ästhetiken der Melancholie, wie man sie nennen könnte, nur geringe Mängel auf und sind denjenigen zu empfehlen, die gerne tiefsinnige Lyrik lesen – besonders aber mit starken Bildern unter die Haut gehende Liebesgedichte.

 

Wartha, Uwe: Die Zeit fällt durch den Sand. Gedichte, art & words – verlag für kunst und literatur, Nürnberg 2012, 110 Seiten, 12,80 Euro, (Erhältlich auch als E-Book).

Philip J. Dingeldey

 

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