Die Entwicklung von den ersten praktikablen Mobiltelefonen (die heute gern „Faustkeil“ genannt werden) zum internetfähigen, multifunktionalen Smartphone, verlief in kaum zehn Jahren rasend schnell. Beinahe jedes Jahr zelebriert Apple die Vorstellung eines neuen „revolutionären und magischen Objekts“ wie ein religiöses Ritual. Regelmäßig stehen die Kunden Schlange, um zu den Ersten zu gehören, die sie besitzen und benutzen. Die Liste der Produkte ist lang vom iPod, iPhone zum iPad und der Markt ist hart umkämpft. Jedes dieser Geräte ist für einen Benutzer ausgelegt, auf dem Display erscheint eine individuelle Vielfalt von Optionen. Doch ebenso wie die Kathedralen bündeln sie die Hoffnungen und Heilsversprechen ihrerund unserer Zeit.
Das Smartphone enthält heute die modernste Technologie und repräsentiert das Weltbild unserer Epoche, des Internetzeitalters und der Globalisierung. Ob Telefon, SMS, Kamera, E-Mail, Internet, Tagebuch bis zur elektronischen Brieftasche, im Smartphone sind alle Optionen jederzeit verfügbar in einer Hand. Doch die Analogie mit der Kathedrale ist nicht neu.

Starmenu und christlich gesehen auch das Endmenu: Bamberger Dom, Fürstenportal. Quelle: wikipedia.org
‚Kathedralen des Fortschritts‘ nannte das 19. Jahrhundert die neuen, großen Bahnhöfe. Wie Kathedralen sind sie feste Orte, die einem bestimmten Zweck dienen. Ihre monumentale Architektur gab dem Erlebnis von Ankommen, Aufbruch und Abschiednehmen und der damit verbundenen Sehnsucht einen imposanten Rahmen. Seitdem hat sich die Fortbewegung weiter entwickelt zum heutigen Individualverkehr. Von den Bahnhöfen über das Auto zum Mobiltelefon rückt die Technologie der Sehnsucht dem Menschen immer näher. Revolutionär ist das Smartphone durch die einfache Handhabung und die Kombination von technischen Neuerungen, die es einzeln schon vorher gab. Das Display hat die Funktion des Kirchenportals übernommen: Es empfängt den Benutzer, gibt eine Vorschau auf den Inhalt und navigiert ihn hindurch zu seiner Community. Eine Madonna im Display verweist auf eine mögliche Rückbindung der menschlichen an eine überirdische Kommunikation.
Thomas Werner
Teil (3/6) „Wie das Smartphone uns verändert“ ab Dienstag 27. November 20:00h