Pappe, Blech, Plastik,…

…Stoff, Lehm und Draht. Die meisten Kinder kennen es  gar nicht mehr: das selbst gebastelte Spielzeug. In der Ausstellung „Weltspielzeug Spielzeugwelt“ im Erlanger Stadtmuseum wird jedoch eine einfache Plastikflasche mit Rädern ausgestattet und zu einem Auto umfunktioniert, Plastikknäuel oder ausgestopfte Nylonstrümpfe verwandeln sich in Fußbälle  und verschleierte Strohbündel können Puppen sein.

Plan International e.V., eines der ältesten Kinderhilfswerke, das in 50 Ländern tätig ist, sammelte für diese Ausstellung Spielzeug aus aller Welt. Seit 2001 gibt es die Plan-Aktionsgruppe Erlangen-Nürnberg-Fürth, der 22 ehrenamtliche Mitglieder angehören. Die Gruppe setzt sich derzeit für ein Schulprojekt in Guinea-Bissau  ein und veranstaltet Benefizkonzerte, Tombolas und Sammelaktionen. Sämtliche Einnahmen werden zu 100% den Hilfsprojekten zugeführt. Auch das Erlanger Theater sammelt im  Stück „Benefiz“  für das Projekt in Guinea-Bissau.

In armen Ländern spielen Kinder anders

Das Spielzeug stammt aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa. Die Kinder dort sind in der Regel arm und haben kaum das Nötigste zum Leben. Viele Kinder werden häufig mit Gewalt konfrontiert und können nicht zur Schule gehen. Spielen? Meist spielen die Kinder dieselben Spiele wie hierzulande, nur dass sie ihr Spielzeug selber herstellen oder öfter in der Gruppe spielen. Oft werden die Spielsachen dabei gemeinsam gefertigt, wobei sich die Bearbeitung der Materialien aufgrund fehlender Werkzeuge als schwierig erweist.  In der Ausstellung wird sichtbar, mit wie viel Kreativität und Geschick aus den einfachsten Materialien Spielsachen hergestellt werden können.

Was hierzulande als Müll gilt, ist in armen Ländern oft Ersatzteillager oder der Resteverwertung freigegeben. Industrielle Wiederaufbereitung ist in der Regel nicht anzutreffen. Der Müll wird vielmehr direkt weiterverwendet. In Afrika gibt es das Wort „Müll“, so wie wir es verstehen, gar nicht. Im Sudan bedeutet das Wort „khurda“ übersetzt sowohl „Schrott“ als auch „Ersatzteil“. Recycling funktioniert in fast allen Entwicklungsländern so.

Spielzeug bereitet aufs Leben vor

Spielzeugwelten stellen oft eine Mischung aus Alltäglichem und einer Wunschwelt dar- nicht selten basteln sich Kinder technische Geräte und Autos. Dinge, die für sie unerschwinglich sind. Zudem bereiten sich Kinder im Spiel auf das spätere Leben vor: Dörfer und Häuser werden dem Original nachempfunden, in den tropischen Regenwäldern übt der Nachwuchs spielerisch mit traditionellen Jagdwaffen. Für viele Kinder ist  Gewalt Realität und Alltag. Im Spiel versuchen sie deshalb, die traumatischen Ereignisse zu verarbeiten. So entstehen auch Waffen, die so detailgetreu wiedergegeben werden, dass davon auszugehen ist, dass den Kindern das Original bekannt ist. Geschlechterhierarchien machen auch vor dem Spielen nicht Halt: Mädchen werden in vielen Ländern benachteiligt und früher zur körperlichen Arbeit herangezogen als Jungen. Daher wird mehr Spielzeug von Jungen hergestellt als von Mädchen. Oft basteln Jungen Puppen für ihre Altersgenossinnen und Schwestern.

Von Fußbällen über Musikinstrumente alles da

In der Ausstellung ist ein breites Spektrum von Spielsachen aufbereitet: Fußbälle, Puppen, Musikinstrumente, technische Geräte, nachempfundene  Alltags­gegenstände, sportliches Spielzeug, Masken und Puppengeschirr werden präsentiert. Im Untergeschoss des Museums werden zudem fünf Erlanger „Plan“- Patenkinder vorgestellt. Durch „Plan“ konnte deren Lebenssituation nachhaltig verbessert werden. So werden Gesundheitsstationen und Zisternen in erreichbarer Nähe errichtet und Schulbesuche ermöglicht. Auch stehen die Paten in regelmäßigem Briefverkehr mit den Patenkindern. Einige der Briefe sind ausgestellt und für den Besucher übersetzt. Eine Videoinstallation zeigt, wie eine Nürnbergerin zusammen mit ihrer Familie die Familie ihres Patenkindes in Ecuador besucht.

Fotografien von Franco Merici sind über die gesamte Ausstellung verteilt und zeigen Spielsituationen aus dem alltäglichen Leben: Ein Fußballspiel ägyptischer Mädchen auf den Straßen Kairos, ein „Autorennen“ in Westafrika, Kinder, die sich maskieren oder Drachen steigen lassen.

Die ausgestellten Spielsachen stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. Sie geben einen guten Einblick in die Lebenssituation der Kinder, da die Materialien aus dem persönlichen Umfeld stammen. Die Verarbeitung zeugt von der Kreativität und dem Geschick der Kinder.

Bei all den Unterschieden zu unserer Gesellschaft bleibt eines gleich: das Spielen. Kinder brauchen es, um ihre eigene Persönlichkeit zu entfalten und ihre Kreativität auszuleben. Ganz gleich unter welchen Bedingungen, spielen wollen Kinder immer und überall. Und sie haben auch das Recht dazu: Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN) schreibt fest, dass Kinder ein Recht auf Spiel- und Freizeit haben.

 

Die Ausstellung ist noch bis zum 17. Februar 2013 im Erlanger Stadtmuseum geöffnet.

Stadtmuseum Erlangen
Martin-Luther-Platz 9
91054 Erlangen

 Anna Greger

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