Wo sind die Studenten hin?

Einmal im Jahr zeigt sich Erlangens Bildungsbürgertum in seinem Glanz: Betucht und feinst gekleidet, meist weißhaarig und in bequemen Bioschuhen, nehmen sie jedes Jahr Ende August den Schlossgarten und das Theater ein. Gemächlich schieben sie sich von einem Veranstaltungsort zum nächsten, das Gebrabbel scheint sie in seiner schläfrigen Lautstärke einzulullen. Man kommt angemessene 30 Minuten vorher an, mindestens, man ist ja nicht zum ersten Mal hier, damit man auch noch einen guten Platz ergattert. Intuitiv erschnüffeln sie die beliebtesten Angebote und lauschen ihnen aufmerksam. Gut, der ein oder andere Journalist hat sich sicherlich auch unter das Poetenfest-Volk gemischt, junge Menschen hingegen sind kaum darunter. Ist nicht Erlangen aber neben Klinik und Siemens auch noch Studentenstadt? Klar, in den Semesterferien ist nicht viel zu erwarten. Trotzdem ist es enttäuschend. Immerhin ist das Erlanger Poetenfest der Vorläufer zur herbstlichen Frankfurter Buchmesse. Vielleicht liegt der Fehler im Programm versteckt. Neben dem klassischen Buch ist man zwar multimedial aufgestellt: doch Videoinstallation, Filme, Musik und Ausstellung scheint die Jugend nicht zu locken. Vielleicht liegt es auch an der geringen Bekanntheit der Autoren, wird man doch seit der Schulzeit zu kanonischen Werken gedrillt, die kaum Zeit lassen für tagesaktuelle Literatur.

Oder ist das Programm vielleicht nicht aktuell genug? Kleist- und Döblin-Biografie, Buchmarkt im Wandel, Max Frisch-Austellung, „Die letzten Tage der Republik“… Das klingt doch alles reichlich altbacken und wenig attraktiv. Der Graphic Novel „Gift“ oder der chinesische Autor Liao Yiwu machen da leider auch kaum etwas wett.

Wie kann man das ändern? Will man es überhaupt ändern? Interessiert das überhaupt jemanden? Eine elitäre Veranstaltung ist es sowieso schon, die Jugend sollte sich einmischen! Proteste jetzt! Was in Spanien und Israel funktioniert, kann auch in Erlangen klappen. Auf die Straße mit euch!

Und das Buch nicht vergessen.

Johanna Meyr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.