Die Geschichte eines Songs

Blueprint² von JAY-Z war das erste HipHop-Album, das ich mir gekauft habe, vielleicht 2003, oben im Karstadt. Auf der zweiten CD ist der Titeltrack der Scheibe und der Beat ist so beängstigend und eindrucksvoll, eine gute Grundlage für Legenden (I’m a legend, you should take a picture with me/ You should be happy to be in my presence, I should charge you a fee/ I’m Big Dog…). Und 2007, als ich die Worte besser verstand, zerstörte Crooked I dieses Instrumental noch beeindruckender, ich höre den Song heute noch oft (Remember Crooked I, you can meet the person/ who grew up so fucked up, it has preachers cursin’/ we used to walk ’til our feet was hurtin’/…).


Es ist erst mal nicht so wichtig, ich hab vor ein paar Tagen wieder “The Good, The Bad & The Ugly” angeschaut. (Ich war vielleicht 10, als ich diesen Film mit meinem Opa angeschaut habe und damals konnte er mich absolut nicht beeindrucken, ich erinnerte mich noch an diesen endlosen mexican standoff im Finale, ich wusste damals nicht, was daran so episch sein soll.)
Jetzt hab ich eine andere Meinung dazu, ich mein, es ist eigentlich easy, in 2011 zu leben, nur wäre ich gerne 1966 in einem Kino gehockt, verstaubte Samtsessel und eine Schachtel Popcorn, um den Film auf einer großen, knisternden Leinwand zu sehen. Scheiß auf 3D und Multiplex, einfach Großaufnahmen von Cowboys: überlegende, überlegene, angespannte, verängstigte, Bösewichte und Helden. „Wer schießen will, soll schießen und nicht quatschen“, sagt Tuco – der Hässliche – und legt einen Kerl um, während er in einer Badewanne liegt. Und so ungefähr ist der komplette Film: Clint Eastwood ist der einzige Kerl, der trotz Folter oder Nahtod nicht mehr als zwei Sätze sagt (mal abgesehen von Steven Seagal vielleicht, aber der kam erst später). Und meistens sind diese Sätze nur Reaktion, dafür aber extrem stilisiert. Letztendlich sind es Helden, die schon beginnen, keine mehr zu sein, sie stiefeln durch Steppen und verfolgen den amerikanischen Traum, eine Truhe voll Gold, die in einem namenlosen Grab versteckt ist. Diese Italo-Western sind keine Billigproduktionen, aber sie bekommen ihren Stil durch eine seltsame Lässigkeit, bei der man nicht weiß, ob es wirklich Lässigkeit ist, oder ein mürres I don’t give a fuck (ich weiß nicht, ob es das Wort „mürr“ gibt, aber es beschreibt das, was ich meine). Und dann noch der ganze Zigarrendunst…
Und als dann der Hässliche endlich den Friedhof erreicht, kommt dieses Stück von Ennio Morricone: „The Ecstasy of Gold“. Ich flippte aus, als der Song begann, weil er in dem Blueprint Titeltrack gesamplet ist. Ich hab die Herkunft dieses Samples durch Zufall erfahren, es ist das legendärste, was mir in der letzten Zeit passiert ist. Tuco rennt und sucht das Grab, in Kombination mit der Musik eine irrsinnige Szene, die Kamera wie ein Karussell, besessen vom Reichtum, aber davor noch der mexican standoff, und Clint Eastwood, der „Sohn einer gottverdammten Hure“ (Tuco) reitet weg, ich mein, man kann nur ein Desperado sein, wenn man nicht weiß, wo man hingeht…

Joshua Groß

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