Die vier Darsteller stehen mit dem Rücken zum Publikum, die Gesichter ihren Bildern , die an der Wand hängen, zugewandt. Musik ertönt. Einer nach dem anderen beginnt, ein Kleidungsstück fallen zu lassen und sich zur Melodie zu bewegen.
Alice (Felicitas Sieweck) umtanzt Dan (Daniel Rothenbücher), zieht einen Apfel hervor und flirtet provokativ mit ihm. Auf Dans Frage, ob sie auch noch sein Thunfischsandwich essen möchte, antwortet sie: „Ich mag keinen Fisch.“ „Wieso nicht?“ „Sie pissen ins Wasser.“ „Kinder auch.“ „Ich esse auch keine Kinder.“ Eine typische Antwort von Alice. Sie ist jung, wild und unangepasst. Durch ihr Auftreten gewinnt sie Dans Interesse und weckt seine Leidenschaft.
Ein Zeitsprung, ein anderer Ort. Der Zuschauer erfährt, dass Dan nun mit Alice zusammen ist und einen Roman über sie geschrieben hat. Deswegen wird er fotografiert. Von Anna (Tonja Preuß), der Künstlerin, die in ihrem Londoner Atelier Fotografien von „Fremden“ anfertigt. Dan ist fasziniert von ihr. Sie küssen sich. Alice möchte ihren Liebsten von dem Shooting abholen und merkt sogleich die Spannung zwischen den Beiden. Es ist ungewiss: Wird der Vorfall zur Trennung führen, zur Einsicht? Der nahtlose Übergang in die nächste Szene verrät die Stellung der Triebhaftigkeit über allen anderen Gefühlen: Dan und Larry (Mario Matthias) befinden sich in einem Sex- Chatforum. Die Anonymität des Internets lässt zu, sich mit einer anderen Identität zu schmücken. Dan weiß das auszunützen. Er gibt sich aus als Anna, die ihr Gegenüber für eine Affäre treffen möchte. Larry willigt ein und weiß nicht, dass er auf eine ahnungslose, aber interessierte Frau trifft, die sein zukünftiges Leben auf den Kopf stellen wird. Mit dem Erkennungszeichen „Weißer Doktormantel“ ausgestattet, trifft er bei dem ausgemachten Treffpunkt ein. Zufälligerweise ist Anna tatsächlich dort. Die Beiden kommen zusammen, heiraten. Wie um den Kreis zu schließen, lernt Larry bei der Ausstellung über Annas Fotografien von „Fremden“ Alice kennen. Dan und Anna vertiefen sich währenddessen in ein Gespräch über ihre Gefühle. Gibt es sie noch, oder sind sie schon verebbt? Die Antwort erfährt der Zuschauer bald darauf: Dan trennt sich von Alice, Anna möchte die Scheidung von Larry. Emotional am Boden, findet Larry Alice auf. Die ehemalige Stripperin arbeitet erneut in diesem Beruf. Er möchte ihren wirklichen Namen erfahren. „Jane Jones“. Er glaubt ihr nicht, kennt er sie doch unter einem anderen Namen. Durch diese offensichtliche Lüge angestachelt, möchte er sie zur Wahrheit zwingen. „Immer noch Jane Jones.“ Er erreicht kein Vorankommen.
In der nächsten Szene erfährt Dan im Gespräch mit Anna, dass sie mit Larry geschlafen hat. Im Deal – Scheidungspapiere gegen Sex. Auch wenn sie es nur für ihre Beziehung tat, kann ihr Dan nicht verzeihen. Er sieht Larry überall an ihr. Verzweiflung steht ihm ins Gesicht geschrieben, als er sich von ihr trennt. Genau deswegen sucht er das Gespräch mit Larry: er ist verzweifelt und möchte eine Antwort darauf finden, wieso ihm das sein Gegenspieler antat. Das Resultat: Larry verweist ihn auf Alice als seine wahre Liebe. Doch im letzten Satz verrät er ihm, er habe mit Alice geschlafen.
Alice und Dan finden wieder zueinander. Er möchte wissen, ob sie mit Larry geschlafen habe. Er möchte die Wahrheit erfahren.
Sie will ihn nicht anlügen, kann aber auch nicht die Wahrheit sagen. Deswegen muss sie sich von ihm trennen. Die Intrigen und Triebhaftigkeit verursachten das Ende der Liebe.
Thomas Renner wollte bewusst keinen Abklatsch des Filmes „Hautnah“ erzeugen, sondern seine eigene Produktion auf die Beine stellen. Um mich mit der Thematik des Stückes vertraut zu machen, schaute ich den Film an. Ich war gespannt, wie er den medialen Einsatz und die großen Orts- und Zeitsprünge meistern wird. Mit den Mitteln, die einem die Bühne des AMVi- Theaters lässt, meisterte er es mit Bravour. Die Szenen laufen nahtlos ineinander über und lassen dem Zuschauer Raum, seine eigenen Gedanken und Interpretationen zu spinnen.
„Ein moderner Reigen quer durch das triebgesteuerte Leben vierer Großstädter, die von Liebe sprechen und doch nur Lust und Eifersucht kennen.“
Das Programmheft beschreibt die Thematik des Stücks, am Zuschauer selbst aber ist es, sich darauf einzulassen und mitzufühlen.
Gelegenheit gibt es dazu noch bei den Aufführungen am 18. und 19. 06. im AMVi- Theater Erlangen.