X. Der Abend ist gerettet

Sein Bauernhof liegt auf der anderen Seite der Alpen und ist heute ein Museum, und statt dem Fernglas brauchte der Ratzinger ein Taschentuch. Er tröstete sich mit „Wenigstens die Dogmen bewacht jetzt der Kalifornier.“ Seinen Kardinalspurpur hat er ja recht billig bekommen, der Kalifornier. Schnell mal 40 Seiten Ratzinger auf 4 Seiten Levada gekürzt und mit dem Titel „Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre etc.“ vorgelesen – so lautet die Kurzfassung von DOMINUS IESUS. Die Welt konnte sehen: Ein neuer Mann ist da, zu sagen hat er nichts neues, das aber effizient, wozu die ganze Aufregung. Nebenbei, was hatte der Kalifornier für ein Glück: Bei der Pressekonferenz hat die Sonne geschienen!

Psst Sara! Es sind Schritte draußen zu hören, die Stimme des Sekretärs und eines jungen Mannes der offensichtlich völlig außer Atem geraten ist. In großen Sätzen springe ich die Treppe runter und halte mich unauffällig neben der Haustür. Mit einer Plastiktragetasche voller FLEISCH tritt der Sekretär ein und bittet den anderen Mann etwas zu warten. In seinem roten Fahrradoverall zieht der ein gelbes Paket aus seinem roten Rucksack und schwitzt und schnauft dabei wie nach einer Etappe des Giro d’Italia. Ratzinger fragt nach dem Absender, Sekretär liest vor, angesichts des erschöpften Kuriers in seiner roten Uniform jubelt der Ratzinger: „Der Abend ist gerettet. Heiliger Aloisisus im Himmel! Die roten Radler sind rehabilitiert!“ und drückt ihm einen Schein in die Hand, einen roten. Es folgt das gleiche Spiel wie mit dem Paket Wein, der Sekretär öffnet, entfernt zuerst ein Kühlaggregat, entnimmt eine Karte und liest vor: „Ehrwürdiger Papst, herzlichen Dank für Ihre Nachfrage. Wir wünschen guten Appetit! Ihre Bamberger Metzgerei Herold.“ Ratzinger sagt: „Lassen Sie die Ware mal sehen, die muss gleich in den Kühlschrank.“ Einhändig wickelt er sie auf der Anrichte aus, zählt „Zwei vier sechs – acht Bratwürste, wunderbar, da fällt bestimmt eine für die Katzen ab, wenn nicht zwei, und die übrigen essen wir morgen kalt.“ Da läuft mir schon das Waser im Mund zusammen. Der Sekretär liest weiter: „PS. Wir liefern auch Spanferkel, Schäuferla, Kalte Platten, Martins- sowie Weihnachtsgans. Selbstverständlich ebenfalls frei Haus.“ – Ratzinger bleibt ganz sachlich, setzt die Brille auf, liest selber. „Die Karte tun Sie in den Kalender zum vierten Oktober.“ Auf den fragenden Blick erklärt er, über seine Brille hinweg etwas erstaunt über die Unkenntnis: „Der Gedenktag des hl. Franz von Assisi. Wenn wir nachmittags die Haustiere gesegnet haben, dann bestellen Sie in Bamberg auf St. Martin eine Gans.“ „Weihnachtsgans auch gleich?“ fragte der Sekretär wohl um Aufwand zu sparen, doch der Ratzinger wehrte mit seinem eingegipsten Arm ab: „Es gibt noch Metzgereien in Oberbayern, Niederbayern… in Schwaben… Oberpfalz, oder wir nehmen wieder einmal eine polnische Gans. Jede Trauer geht einmal zu Ende.“ Dann sind sie auf die Terrasse um sich um den Grill zu kümmern. Solange kann ich hier im päpstlichen Arbeitszimmer ungestört schreiben. Sara nimmt derweil auf dem Sofa seine Bücher in Anschein. Alle will er sie durchgeblättert haben, das wird eine Akkordarbeit, da schauen wir lieber erst, was uns bevorsteht und was uns davon gefällt. „Passen Sie auf Ihren Verband auf!“, höre ich den Sekretär rufen, als der Ratzinger aus einem Krug Bier in den Grill geschüttet hat. Sie waren beide beschäftigt.

Thomas Werner

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