UUAAAAHG. Gähn. Sie reißt den Mund auf und wuschelt sich verschlafen durch die Haare. Sie wird doch wohl nicht gerade im Theater eingeschlafen sein?? Die Werbung für das Theaterfestival „Radikal Jung“ ist ungewöhnlich und spricht wohl die tief schlummernde Theaterbegeisterung der jungen Leute an. Doch davon kann im Münchner Volkstheater keine Rede sein. Mit zehn aufregenden Vorstellungen kann das Theater aufwarten. Reflex war dabei und hat sich „God is a DJ“ angesehen.
Das Stück basiert auf einem Text von Falk Richter – und dieser lange Text soll auch umgesetzt werden, fordert der junge Regisseur Milos Lolic. Darum wurde er auf dieses Festival eingeladen, um das zu tun, was sie am besten können. Reden. Mit Schauspieler Nikola Vujović bildet Lolic ein eingespieltes Team und der sympatische junge Mann weiß, was er von ihm verlangen kann.
Viele Geschichten prasseln auf den Zuschauer ein: da gibt es das Pärchen, das sich in seinem Haus permanent filmen lassen will, um Geld damit zu machen („Kaufen Sie unsere Merchandising-Produkte!“). Dem Zuschauer erzählen sie davon, wie sie die Aufnahmen schneiden und die langweiligen Szenen löschen. Sie wissen genau, wann sie auf Sendung sind. Alles muss authentisch wirken. Da wird es dann auch ausgiebige Schlafzimmerszenen geben, verspricht Nikola Vujović.
Diese scheinbare Natürlichkeit unterbricht Lolic mit musikalischen Showeinlagen: während das Pärchen Nikola Vujović und Vladislava Djordjevic dem Publikum Geschichten erzählen, ziehen sie sich permanent um. Und dann folgen karikierte Playback-Elektro-Auftritte mit Lasershow, Pappgitarren und kostümierten Backgroundtänzern. Der Theatersaal wird zur Partyarea aus den 90er Jahren mit Scooter, wummernden Bässen und vibrierenden Sesseln. Das Stroboskop leistet sein Übriges.
Der Theatersaal ist zwar nur halb voll, doch Milos Lolics Aufführung kommt an, der Applaus will so gar nicht abebben. Das Publikum ist hauptsächlich wie die Protagonisten, „Radikal jung“, gemäß dem Festival des Volkstheaters in München. Jung sind auch die Regisseure, die vom 9. bis 16. April die Möglichkeit bekommen, ihre Leistungen einem größeren Publikum vorzustellen. Die Vorstellungen kommen aus ganz Europa, Wien, Brüssel, Zürich, Berlin und eben auch Belgrad. „God is a DJ“ wird dabei Original mit Untertiteln gespielt wird. Das nimmt dem Stück leider viel Schärfe, denn der Zuschauer blickt meist gebannter auf die Leinwand oberhalb der Bühne als auf die Schauspieler. Die sprechen unheimlich schnell, das gibt dem Stück aber sehr viel Energie, besonders dann, wenn mit dem Tempo einmal gebrochen wird. Nikola Vujović hat die Zuschauer in der Hand. Wenn er lacht, lachen alle. Bricht er plötzlich ab und fixiert Einzelne quälende Sekunden lang, zieht sich der Raum zusammen. Das macht es wieder wett, dass man doch ständig auf die Untertitel starrt, wenn man der serbokratischen Sprache nicht mächtig ist und von dem textlastigen Stück etwas mitbekommen will. Alles in allem lieferte „God is a DJ“ einen besonderen Theaterabend, der auch die Zuschauer unter 35 Jahren ermutigen sollte, doch öfter mal aufzuwachen und sich Kultur anzutun. Es lohnt sich!
Johanna Meyr