Wir sind es ja schon gewohnt, dass amerikanische Trends zu uns nach Deutschland schwappen: Der Weihnachtsmann, Valentinstag, Halloween, und jetzt also noch der kleine goldene Mann auf dem Sockel: Der Oscar.Vom 27. auf den 28. Februar stand Hollywood wieder Kopf und Deutschland durfte sich, dank Zeitverschiebung, die Nacht um die Ohren schlagen.
Die 83. Verleihung wurden präsentiert von Anne Hathaway („Der Teufel trägt Prada“) und James Franco („Spider Man“). Außer einer beeindruckenden
Auswahl an Kleidern (von Silberfäden über Blau bis schwarzen Federn und Anzug) und Frisuren kann ihre Moderation bestenfalls als unterhaltsam bezeichnet werden. Hathaway lachte albern herum, während James, selbst nominiert für „127 hours“, nur comic-haft grinsen konnte.
Die nominierten Filme waren hauptsächlich amüsant und vielleicht auch gut gemacht, allerdings nicht kritisch oder aufrüttelnd. Für einen interessanten Filmnachmittag wird es wohl ausreichen, das ist aber auch schon alles.
Ganze zwölf Mal war der sprecherzieherische Historienfilm „The King’s Speech“ nominiert, musste sich allerdings mit nur vier Oscars für den besten Hauptdarsteller (Colin Firth), bester Film, bestes Originaldrehbuch und beste Regie begnügen. Einen richtigen Abräumer hat es dagegen auch nicht gegeben. „The Social Network“ war sieben mal nominiert und wurde ausgezeichnet für beste Filmmusik, bester Schnitt und bestes adaptiertes Drehbuch. Die hochschwangere Natalie Portman bekam den Oscar für die beste Schauspielerin in „Black Swan“ und Christian Bale und Melissa Leo als beste Nebendarsteller für „The Fighter“. „True Grit“, der neu aufgelegte Western, ging ganz leer aus, wohingegen „Inception“ immerhin mit bester Kamera und beste Spezialeffekte punkten konnte. „Alice in Wonderland“ gewann das beste Kostüm und beste Ausstattung.
Als einziger deutscher Film war der animierte Kurzfilm „Der Grüffelo“ nominiert, musste den Preis allerdings an „The lost thing“ abtreten. „Toy Story 3“ wurde der beste Animationsfilm.
Soweit zu den Preisen.
Das sonstige Brimborium der Veranstaltung war verhältnismäßig mager. An bekannten Gesichtern waren unter anderem Sandra Bullock, Reese Witherspoon und Halle Berry zu sehen, die Australier Nicole Kidman und Hugh Jackman durften gemeinsam einen Preis verleihen. Kirk Douglas, alter Mann am Stock und mit schwerer Zunge, nahm Colin Firth aus dem Publikum hoch und forderte den missmutigen Schauspieler zum Lachen auf.
Ansonsten hielten sich die Preisverleiher mit Witz und Charme in Grenzen.
Auch Prosieben konnte sich mit seinen vielen Werbepausen nach jedem Preis, also alle 12 Minuten nicht unbedingt positiv hervortun: die Parfümwerbung und die für goldene Schokokugeln kennt der Zuschauer nun auswendig.
So bleibt wenig vom sonstigen Glamour der Preisverleihung übrig und die amerikanische Zauberhaftigkeit des Überflusses kann sich kaum durchsetzen gegen die bleierne Müdigkeit der durchzechten Nacht.
Johanna Meyr