Ebenfalls im Rahmen des Russischen Theaterherbstes fand am spätherbstlichen Freitagabend das Stück „Alltägliche Kleinigkeiten“ nach den Erzählungen von Tschechow im Gemeindesaal der Thomaskirche in der Liegnitzer Straße statt. Eine überschaubare Anzahl an Zuschauern, darunter die Schirmherrin Bürgermeisterin Dr. Elisabeth Preuß, nahm in dem kühlen und spartanischen Kirchenraum auf Holzstühlen Platz. So karg wie der Veranstaltungsort war auch die Bühne gestaltet, ausreichend aber für ein erfrischend schlichtes und kurzes Ein-Personen-Stück.
Regisseurin Natalia Bobyleva nahm die ganze Bühne als alleinige Darstellerin in Anspruch und spielte „Tschechows Helden“ so lebendig, dass jeder weitere Schauspieler störend gewesen wäre. Ein Stunde lang bot sie dem Publikum zwei Geschichten, die sich mit dem Leben beschäftigen.
Zu Beginn taumelt sie als betrunkener Protagonist vor die Bühne und philosophiert über das schöne Leben. Spritzig-vergnügt vor Lebensfreude und Optimismus begibt er sich ins traute Heim, wo es ihm nach einem Schluck Wodka gelüstet. In alkoholischer Vernebelung greift er versehentlich zum Petroleum. Die Panik ist groß, die Verzückung verschwunden. In Todesangst sucht er vergeblich einen Arzt, findet jedoch nur bei einem jüdischen Pharmazeuten Gehör, der aber nicht begeistert über die nächtliche Störung ist. Resigniert kehrt unser Held zurück nach Hause, wo er sich, den Tod erwartend ins Bett legt und zudeckt. Doch der Tod bleibt aus, die Freude kehrt zurück, einzig getrübt von der Tatsache, dass das Petroleum offenbar von schlechter Qualität gewesen ist..
Die zweite Geschichte handelt von einer älteren Dame, die ihre Freuden und Lieben ihres vergangenen Lebens reflektiert. Emotionen und Erinnerung, Lachen und Weinen – Natalia Bobyleva vermag jede Gemütslage darzustellen. Ihre Darbietung ist dabei eine Kombination aus Erzählung und Performance, was der Literaturvorlage gerecht wird.
Julia Heiserholt